Ida Kerkovius bewegt sich in ihrem umfangreichen Lebenswerk mit großer Unabhängigkeit zwischen verschiedenen ‘Stilrichtungen’, für die sie die jeweils am besten geeignete „Technik“ auswählt.
Obwohl ihre malerische Entwicklung bis 1945 nur lückenhaft dokumentiert ist (Atelierbrand 1944), lässt sich nachweisen, dass ab etwa 1930 bis zu ihrem Tod 1970 drei gleichzeitig nebeneinander existierende Gestaltungsarten vorherrschen: Erstens die naturnahen, vor dem Motiv gemalten, stark farbig übersetzten Landschaftsbilder, zweitens die gegenstandsfreien Gemälde, die nach der Lehre von Adolf Hölzel ganz vom Primat der Mittel ausgehen sowie drittens eine weitere Gruppe von Arbeiten, in der aus abstrakten Formen gegenständliche Assoziationen erwachsen können. So findet man in Kerkovius’ Werken die verschiedensten Mischungsverhältnisse von beflügelter Phantasie und genauer Beobachtung der erschauten Umwelt. Auf Hölzels Farben- und Kompositionslehre aufbauend, schafft Kerkovius sich einen eigenständigen, freien Raum für ihre Farbphantasien und Formerfindungen. Sie grenzt sich von ihrem Lehrer dort ab, wo sie persönliche Vorstellungen und Gefühle in ihre Kompositionen einfließen lässt.
Die Unmöglichkeit einer gleichsam schematischen Einordnung der Bilder von Ida Kerkovius zeigt, dass sie sich niemals von Kunstmoden hat beeinflussen lassen und ihre künstlerische Entwicklung immer wieder aus dem Reichtum der eigenen Persönlichkeit schöpfen konnte. Zitat: “ Ich bekenne mich zu keiner Kunstrichtung, sondern bin immer bestrebt, wie am Anfang meiner Entwicklung den Gefühlen, die in mir leben, Gestalt, Qualität und Ausdruck zu geben “ (Ida Kerkovius, 1949 anlässlich ihres 70. Geburtstags ).
Die Werke von Ida Kerkovius waren weder auf einer der Dokumenta-Ausstellungen in Kassel noch auf einer Biennale in Venedig vertreten, und nur die Ostdeutsche Galerie in Regensburg hat 2001 ihrem Oeuvre bisher eine Retrospektive gewidmet. Dieses Versäumnis liegt einerseits - vor allem zu Lebzeiten der Künstlerin - an der Tatsache, dass Ida Kerkovius selbst ein Engagement in der Öffentlichkeit scheute, andererseits an der schwierigen Rekonstruierbarkeit und Überschaubarkeit ihres Gesamtwerkes.
Gerade aus diesen Gründen ist das aufwendige und seit Jahren existierende Projekt eines Werkverzeichnisses von immenser Bedeutung. Die Anerkennung von Ida Kerkovius durch ihren Lehrer am Bauhaus Paul Klee, durch Jawlensky, der über die ihm befreundete Kerkovius sagte: “Sie ist ganz Kunst“, durch E.W. Nay und andere berühmte Kollegen bezeugt die Individualität und Wichtigkeit dieser Künstlerin, die als Mitglied des Hölzel-Kreises ebenso wie als Stuttgarter Malerin der Nachkriegsjahrzehnte erst noch zu entdecken ist.
(Katharina Hadding)
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